16. Perspektivenwechsel
Im letzten Blog ging es darum, die eigene Wahrnehmung zu erkennen, zu beobachten und damit ehrlich und gegenwärtig unter die Lupe zu nehmen. Dadurch ist es möglich, vermeintliche «Schlösser» zum Unbewussten zu öffnen und damit eigene (unerwünschte) Verhaltensweisen zu hinterfragen. Sehr förderlich ist das vor allen Dingen, wenn wir negative Vorannahmen zu etwas treffen. Wie das Etikett «Vorannahme» schon sagt, handelt es sich dabei eigentlich gar nicht um faktisches Wissen, sondern um Hypothesen, die wir aufstellen, noch bevor etwas eingetroffen ist. Hinzu kommt, dass wir Vorannahmen meistens nicht als solche betiteln oder wahrnehmen, sondern sie so formulieren, als wären sie feststehende Tatsachen. Genau wie die eigene Wahrnehmung entspringen Vorannahmen unserer persönlichen Erfahrung, die wir interpretieren und bewerten – also einer subjektiven Beurteilung eines Menschen oder eines Geschehens. Besonders, wenn die Vorannahme aus einer Angst entsteht, wird uns diese nicht bereichern, sondern eher schon im Vornherein behindern.
Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Wenn Du also möglicherweise in einer bestimmten Situation schon eine negative Vorannahme triffst, lenkst Du die Aufmerksamkeit auf diesen von Dir unerwünschten Ausgang, welcher dann sogar noch eher eintritt.
Wie also kannst Du vorgehen, um solchen Dingen anders zu begegnen?
Als erstes ist es natürlich essenziell, dies überhaupt bei sich selbst zu erkennen. Um die eigene Wahrnehmung dafür zu erweitern und Dich speziell in diesen Situationen auch daran zu erinnern, würde ich Dir empfehlen, die Übung aus dem letzten Blog, Deine Wahrnehmung aus verschiedenen Sichtweisen zu betrachten, mehrmals zu wiederholen. Das öffnet auch die Sichtweise auf andere Perspektiven. Nur wenn Dir auffällt, dass Du für Dich sozusagen negative selbsterfüllende Prophezeiungen erstellst, ist es möglich, das auch zu verändern. Ein einfaches Beispiel: Ich habe vor, nach Italien ans Meer zu fahren für eine Woche. Da gerade die Hauptreisezeit beginnt, werde ich aber bestimmt stundenlang im Stau stehen oder es wird wieder so viele behindernde Baustellen geben, die ich umfahren muss. Ich packe also schon im Voraus mehr Proviant ein, da ich davon ausgehe, dass die Fahrt länger dauern wird, als es normal der Fall wäre. Ich prüfe mehrere Tage genau die Staubedingungen um die Uhrzeiten, in denen ich eigentlich losfahren will. Ich kann mich also eigentlich gar nicht auf meinen Urlaub freuen, weil ich so damit beschäftigt bin, Vorkehrungen für meine negativen Vorannahmen zu treffen. Stattdessen wäre es doch viel schöner, wenn ich mir vorstelle, wie ich am Strand ankomme, das Meer sehe, die salzige warme Meeresluft rieche und mich dann erstmal mit einem guten Buch auf dem Liegestuhl entspannen kann
Ja, mit diesem Perspektivenwechsel wäre die Vorfreude für diese Reise sicherlich viel grösser. Genauso liegt dann die Aufmerksamkeit auf den schönen Dingen, aufgrund deren ich meine Vorannahmen aufbaue. Aber klar ist auch, dass wenn ich mir so eine Sichtweise eher erzwingen will, also doch im Hintergrund noch die Zweifel oder Ängste da sind, das sich dann trotzdem nicht so richtig anfühlt. Nur wenn ich wirklich daran glaube, dass es gut ausgehen wird, ist die eigene veränderte Haltung auch authentisch. Grundsätzlich kann man natürlich auch sagen, vielleicht wäre es besser, gar keine Vorannahmen zu treffen und sich einfach überraschen zu lassen. Aber es geht jetzt erstmal konkret darum, die eigene Sichtweise zu überprüfen und in einem anderen Licht sehen zu können. Das kann für jegliche Situationen im Leben gemacht werden, demnach natürlich auch mit oder für den Kontakt mit Menschen in unserem Umfeld oder gerade auch in Konfliktsituationen.
Es gibt dazu eine Methode, die sich «Reframing» nennt, welche ich Dir gerne später als Video zur Verfügung stelle. Dabei geht es, wie der Name schon sagt, darum, etwas für sich selbst umzudeuten – Dinge in einen anderen Rahmen zu stellen, einen Perspektivwechsel vorzunehmen und dann auch wirklich daran zu glauben bei der neuen Umsetzung. So können wir lernen, die Aufmerksamkeit auf Dinge zu lenken, die wir wirklich wollen und uns wünschen, damit die Energie dann dieser geänderten Aufmerksamkeit folgen kann.
Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Bewusstwerdung und der Umsetzung dabei.
Herzlichst,
Deine